Endlich mal eine gute Idee

Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages eine Maßnahme der chinesischen Regierung befürworten würde, aber jetzt ist es tatsächlich geschehen. Die Volksrepublik China schränkt die Zeit, in der Kinder und Jugendliche online gamen dürfen auf drei Stunden wöchentlich ein. Und nicht nur das, sie gibt sogar die genauen Zeiten und Tage vor, nämlich Freitagabend zwischen 20 und 21 Uhr, an Samstagen, Sonn- und Feiertagen. So soll der Spielsucht entgegengewirkt werden. Was für eine großartige Idee. Mein Großer und viele anderen freuen sich- endlich weniger Konkurrenz beim Gamen. Ich habe da natürlich ganz andere Beweggründe. Das Tragische daran, Chinas Regierung ist sogar in der Lage, die Einhaltung ganz offiziell zu überprüfen, denn die totale Überwachung ist längst Teil des Systems. In Deutschland würde solch eine Maßnahme vermutlich müde belächelt, denn wer sollte deren Umsetzung – Rechtsstaatlichkeit und Datenschutz sei Dank – überprüfen, geschweige denn Verstöße ahnden?

Und dennoch gäbe eine staatliche Vorgabe Eltern Argumente an die Hand, Einschränkungen bei Kindern und Jugendlichen besser durchsetzen zu können. Wenn mein Teenager ausgehen möchte, kann ich mich auch auf den Jugendschutz beziehen (und ihn dann eventuell etwas großzügiger auslegen). Wenn es ums Zocken geht, heißt es immer nur, die anderen haben uneingeschränktes Wlan (was Dank Homeschoolings leider auch oft zutraf in den letzten Monaten) und dürfen immer. Klar. Nach einer aktuellen Umfrage der Postbank unter 16- bis 18-Jährigen nutzen sie bis zu 70 Stunden(!!!) wöchentlich digitale Medien. Hausaufgaben machen dabei natürlich den kleinsten Anteil aus.

(https://www.zeit.de/digital/internet/2021-08/internetnutzung-deutschland-jugendliche-studie-homeschooling-corona-pandemie)

Ich finde den übermächtigen Sog der digitalen Medien und den Raum, den sie dadurch bei meinen Kindern einnehmen, schrecklich und dennoch ist es schwer, andere Wege zu gehen. Mit welchen Freunden soll das Kind kicken gehen, wenn diese selbst am PC sitzen und zocken? Wie sollen Jugendliche in den Ferien zusammen zelten gehen oder an den See fahren, wenn es so viel bequemer ist, sich am Rechner zu verabreden?

Ich finde es schon lange überfällig, dass im Jugendschutz nicht nur Inhalte von Medien nach Eignung für bestimmte Altersgruppen eingestuft werden, sondern auch angemessene Zeiten vorgegeben werden, die im Hinblick auf Suchtpotential, Bewegungsmangel oder psychische Erkrankungen wie Depressionen als nicht gesundheitsgefährdend gelten.

Es ist mehr als überfällig, Kinder besser zu schützen. Ich möchte kein Kleinkind mehr sehen, das mit einem Smartphone im Buggy ruhiggestellt wird, wenn es anfängt zu quängeln. Oder am besten schon vorher, damit es erst gar nicht auf die Idee kommt, es zu tun. Ich gönne meinen Kindern den Spaß am Spielen, aber den Spieleentwicklern, die mit den Kids verdammt viel Geld verdienen, nicht den Raum, den sie in ihrem Leben einnehmen. Drei Stunden die Woche wären für mich echt himmlisch. Ich selbst habe es leider nicht geschafft, die Zeit so stark zu begrenzen.

Manche Eltern sind der Meinung, es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich die Jugendlichen anderen Dingen zuwenden und das Zocken uninteressant wird. Auf manche mag das zutreffen, andere werden ihre Affinität fürs Spielen mit ins Erwachsenenleben nehmen. Es ist vermutlich wie bei allen Drogen. Die einen schaffen es, nur gelegentlich eine Zigarette zu rauchen, die anderen werden Kettenraucher. Und manche haben nie das Bedürfnis, es überhaupt zu probieren. Zumindest gibt es inzwischen diese grässlichen Bilder auf dem Tabak. Hat ganz schön lang gedauert, bis der qualmende Marlboro Mann vorm Sonnenuntergang abgeschafft wurde.

Ich hoffe, es dauert nicht genauso lange, bis unsere Regierung erkennt, dass auch die digitale Welt nicht nur rosig ist und es einer Regulierung in vielerlei Hinsicht bedarf. Mal gucken, was sich die Volksrepublik noch so einfallen lässt. Vielleicht laufe ich ja noch über.

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