Als mein Mann uns im Oktober begeistert die TopTen der Jugendwörter des Jahres präsentierte, machten sich unsere Jungs über die Auswahl erstmal lustig. Dabei hatte ich zumindest das Wort des Jahres „cringe“ gefühlt viele hundert Mal gehört, wenn ich gerade einschlafen wollte und mein fast erwachsenes Kind, emotional völlig entfesselt, aus dem Nebenzimmer beim Zocken vor sich hin gebrüllt hatte: „Ich bin so cringe!“ oder auch „Du bist so cringe!“, wie auch „Er/Sie/Es ist so cringe!“ Meint in diesem Zusammenhang in etwa, dass es ihm total peinlich ist, wie schlecht (je nachdem) er selbst oder jemand anderes gerade spielt.
Wenn sich die Youngster miteinander unterhalten, versteht ein Erwachsener sowieso nur wenig, weil sie sich auch in der echten Welt vor allem über die virtuelle verständigen, mit allen dazugehörigen Fachtermini, gespickt mit lässigen, englischen Ausdrücken. Das mit dem „random“ und seiner Anwendung habe ich bis heute nicht kapiert, es ist irgendwas mit Zufall. Also, so ähnlich wie: Ich stehe random an der Bushaltestelle, als mein Brudi vorbeikommt. Oder stehe ich doch eher an der Bushaltestelle und der Brudi kommt random vorbei? Ich bin so schlecht damit, aber auch mindestens dreissig Jahre zu alt, um es überhaupt zu versuchen. Also, ich lasse es jetzt wieder.
Sie leben eben in ihrem eigenen Kosmos und ich bin froh, dass ich zumindest ab und an mal einen kleinen Blick auf ihn werfen darf. Wusstet ihr beispielsweise, dass sich Jungs im Jahr 2021 tatsächlich eine Dauerwelle verpassen lassen, um diesen angesagten Look mit abrasierten Seiten und lässig verwuscheltem, lockigen Haar tragen zu können? Ich dachte, all die wunderschönen Locken seien echt und nur ich hätte keine. Und dass die Dauerwelle mit den 80ern untergegangen wäre. Von wegen. Beruflich eigentlich am Puls der Haartrends, schlug ich meinem Sohn letztens, nicht ganz ernsthaft vor, jetzt auf Mittelscheitel zu wechseln, weil das ja wieder ziemlich angesagt sei. „Ach Mama, das haben die bei uns an der Schule schon eeeewig!“( Er zog das e so weit in die Länge, dass auf jeden Fall ankommen musste, wie sehr ich draußen war. ) „Ach ja?“, erwiderte ich „Wie lange denn?“ „Bestimmt so ein Jahr.“ Tja, so ist das mit den Trends, bis sie bei den letzten ankommen und nicht mehr als sonderbar empfunden werden, vergehen schon gerne mal drei Jahre, so war es mit der Culotte, mit den ugly sneakers oder den oversize Pullovern. Da bin ich mit meinem Jahr gar nicht so schlecht, finde ich.
Schön, Jungs, dass ihr mich gelegentlich an eurem Paralleluniversum teilhaben lasst. Und macht gar nichts, dass ich nicht alles verstehe.