Vor einigen Jahren gewährten wir zwei Meerschweinchen bei uns Asyl, ursprünglich für einen Zeitraum von sechs Monaten. Als nach Ablauf dieser Frist kein Wert mehr auf ihre Rückgabe gelegt wurde, bekamen sie dauerhaftes Bleiberecht, wenn gleich auch keines unserer Familienmitglieder sich jemals ein Meerschwein gewünscht hatte. Aber die scheuen Tierchen passten sich nach und nach an ihre neue Lebenssituation an und bewiesen im Lauf der Zeit eine stoische Gelassenheit gegenüber herunterfallenden Gegenständen, durchs Zimmer tobenden Kindern und anderen Lärmbelästigungen und entwickelten eine gewisse Possierlichkeit, wenn sie sich nebeneinander mit den Vorderpfoten auf die Balustrade ihrer Käfigschale stellten, um uns Mitbewohner um Futter anzuquieken. (Einen Käfig brauchen sie nämlich nicht, da sie niemals ihre Schale verlassen, es sei denn, wir tragen sie in den Garten, da bleibt ihnen dann nichts anderes übrig.) Ich fand sie irgendwann echt okay und manchmal sogar gerade zu niedlich. Je mehr Erfolg sie jedoch mit ihrer Masche hatten und umso leckerer die Dreingaben zu ihrer Befriedung wurden, desto aufdringlicher wurde das Gemieke und fand seinen Höhepunkt der Dreistigkeit – und damit das Ende meiner Sanftmut – an meinem letzten freien Wochenende, an dem sie mich morgens um halb sieben weckten, weil ein Kind im Bett zuckte und sie die Aussicht auf ein erwachendes Wesen derart stimulierte, dass sie sofort begannen, Rabatz zu machen. Puls auf 180, erneutes Einschlafen ausgeschlossen. Sonntag gleiches Spiel. Und ich habe wirklich bescheidene Vorstellungen vom Ausschlafen. Seither betrachte ich sie mit anderen Augen. Sonntag früh um halb sieben ist bei mir definitiv Schluss mit lustig, nachdem meine Kinder endlich so groß sind, dass sie mich nicht mehr um diese oder ähnliche Uhrzeiten wecken. Keine Angst, liebe Tierfreunde und Tierfreundinnen, sie werden eines natürlichen Todes sterben, versprochen. Aber man darf sich ja wohl so seine Gedanken machen.