Buchtipp: Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers

Was wissen wir von Indianern? Den meisten fallen vermutlich als erstes Karl Mays Geschichten vom tapferen Winnetou und seinen Apachen ein, oder das Gemetzel von Wounded Knee. Vielleicht auch die Weisheit der Cree-Indianern:

 

Erst, wenn der letzte Baum gerodet,

der letzte Fluss vergiftet,

der letzte Fisch gefangen ist,

werdet ihr feststellen,

dass man Geld nicht essen kann.“

 

Leider aktuell wie nie. Aber wie Indianer heute leben, damit kommen wir kaum in Berührung. Diese Lücke schließt der Autor Sherman Alexie, der selbst als Spokane Indianer in einem Reservat aufwuchs, mit diesem autobiographischen Roman, den er bereits 2009 veröffentlichte und über den wir als Hörbuch bei der Onleihe, der digitalen Ausleihe unserer Bücherei gestolpert sind.

Die Lebensrealität seiner Hauptfigur Arnold Spirit Junior und dessen Stamm ist düster. Ein Großteil der Erwachsenen ist alkoholabhängig und hat keine Arbeit, die Menschen sind arm und haben eine schlechte Bildung. Dementsprechend groß sind Gewaltbereitschaft und Sterblichkeit und der 14-jährige Junior, wie ihn die Spokane nennen, war in seinem jungen Leben bereits auf zweiundvierzig Beerdigungen. Von seinem Lehrer ermutigt, entschließt sich der aufgeweckte Jugendliche, den Teufelskreis zu durchbrechen und auf die High-School in Rearden, die außerhalb des Reservats liegt und in die sonst nur Weiße gehen, zu wechseln. Nicht nur in der neuen Schule ist er ein Außenseiter, für seinen besten Freund Rowdy und viele andere Indianer wird er durch das Verlassen der Reservats zum Verräter. Schon der Schulweg wird zum Abenteuer, denn wenn sein Vater ihn nicht bringen kann, weil das Geld mal wieder nicht für Benzin reicht oder ihn jemand anders mitnehmen kann, muss er die etwa dreißig Kilometer laufen. In der Schule versucht er zu verheimlichen, aus welchen Verhältnissen er stammt, er kämpft gegen Vorurteile und rassistische Äußerungen und lebt in einem Spagat zwischen den Welten. Als er wie durch ein Wunder ins Basketballteam der Schule aufgenommen wird, sich den Respekt eines der coolsten Jungen der High-School erwirbt und die Zuneigung eines der hübschesten Mädchen der Schule, wendet sich langsam das Blatt und Arnold, wie ihn die Weißen nennen, stellt irgendwann fest, dass die Welt nicht in Schwarz und Weiß aufgeteilt ist und auch nicht in Indianer und Weiße, sondern, dass es überhaupt nur zwei Stämme gibt: Arschlöcher und Nicht-Arschlöcher. Der Ich-Erzähler erzählt sein bewegtes Leben mit tiefschwarzem Humor und so muss man bei aller Traurigkeit immer wieder laut auflachen, wenn er entwaffnend ehrlich von seinen persönlichen Unzulänglichkeiten berichtet oder von der Schwärmerei für seine Mitschülerin, die er selbst dann total sexy findet, als er sie beim Kotzen auf der Schultoilette findet. „Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers“ ist ein Roman, der noch lange nachhallt, nachdem der letzte Satz verklungen ist.

 

Empfohlen ab 12 Jahren

Dtv Taschenbücher   ISBN-13: 9783423247429

 

Toll auch als Hörbuch, gelesen von Konstantin Graudus !