Buchtipp: „Ich, ein Kind der kleinen Mehrheit“ von Gianni Jovanovic mit Oyindamola Alashe

Und hier ist der zweite Tipp. Und dieses Buch ist etwas ganz anderes…

Gianni Jovanovic hätte allen Grund gehabt, ein verbitterter, gebrochener, richtig fieser Typ zu werden, bei all dem, was ihm in seinem Leben widerfahren ist. Er hat immer wieder Diskriminierung erfahren, rassistische Beleidigungen und Ausgrenzung, weil er zu einer traditionellen Roma-Familie gehört. Er wurde auf eine Sonderschule geschickt, wie das bei Kindern aus Roma- und Sinti- Familien leider nicht unüblich ist. Und dann stellt er auch noch fest, dass er schwul ist, während sein Leben in vorgezeichneten Bahnen verläuft: Hochzeit mit vierzehn, zweifacher Vater mit siebzehn.

Aber anstatt an seinem Schicksal zu zerbrechen, entwickelt sich Gianni Jovanovic zu einem Aktivisten. Der Wunsch, seinen Kindern einen in jeder Hinsicht anderen Weg aufzuzeigen, erweckt den Kämpfer in ihm. Er setzt sich mit der Geschichte der Rom*nja und Sinti*zze auseinander, um zu verstehen, um diskutieren zu können und aufzuklären. Es gelingt ihm, nicht nur das Abitur zu machen, sondern auch ein Studium zu absolvieren. Weil er Vorurteile widerlegen will und zeigen, dass dieser Weg auch für Rom*nja und Sinti*zze möglich ist. Er möchte ein Vorbild sein und gibt Workshops an Schulen, um über strukturellen Rassismus aufzuklären. Er versucht, Schüler*innen zu ermutigen und Lehrkräften aufzuzeigen, welch wichtige Rolle sie beim Verlauf einer Schullaufbahn spielen können. Und er setzt sich für die LBGTQ+ – Community ein, damit jeder sein darf, wie er ist.

Übrigens nimmt Gianni Jovanovic kein Blatt vor den Mund, er ist offen und seine Worte mitunter deftig, nur so zur Vorwarnung. Seine Geschichte hat mich tief beeindruckt, seine Herzlichkeit, seine Bereitschaft zur Vergebung, sein Verständnis und sein Appell für Toleranz und Vielfalt. Einfach bewundernswert!

„Ich, ein Kind der kleinen Mehrheit“ von Gianni Jovanovic mit Oyindamola Alashe, Verlag: Blumenbar

ISBN 978-3-351-05100-6

Gegen Rechts

Meedchenwargestern ist ja ein Blog, dessen Inhalte nicht klar definiert sind, mal geht es um Familie, mal um Nachhaltigkeit, Politik oder auch einfach Essen. Deshalb unterliegt das, über was ich schreibe, oft dem Zufall. Es sind Themen, über die ich stolpere, wenn ich dafür gerade mental offen bin und auch die nötige Zeit finde. Viele wichtige Themen bleiben dabei unangesprochen, nicht, weil sie mir nicht am Herzen liegen, sondern einfach weil ich das gar nicht leisten kann.

Was aber auf keinen Fall fehlen sollte, ist ein klares Statement Gegen Rechts im Jahr 2019, vergeht inzwischen doch kaum ein Tag ohne Pöbeleien, Hetze oder sogar Anschläge auf Menschen mit anderer Hautfarbe und Herkunft, weil sie Juden oder Muslime sind oder weil sie sich politisch engagieren. Die schrecklichen Attentate kennen wir alle.

ChristkindEinen Aufschrei verursachte zuletzt die Ernennung Beningna Munsis zum Nürnberger Christkind. Die Katholikin, deren deutscher Vater indischer Herkunft ist, überzeugte zwar die Jury mit ihrem offenen Auftreten und ihrer Schauspielerfahrung, einigen Mitbürgern ging ein Christkind mit dunkler Hautfarbe dann aber doch zu weit. Dabei passt Beningna vortrefflich zu unserer, wie ich finde, offenen Stadt, in der „multikulti“ längst Alltag ist. In der Klasse meines älteren Sohnes hat ein Großteil der Kinder einen Migrationshintergrund und das Thema Herkunft ist dadurch völlig unwichtig. Das Gleiche gilt für den Fußballverein und für das Berufsleben mit Global Playern wie Siemens, Adidas oder Puma, die Arbeitnehmer und deren Familien aus aller Welt nach Nürnberg locken. Wo es viel Kontakt zu „Fremden“ gibt, bleiben Vorurteile schnell auf der Strecke. Leider ist das nicht überall der Fall, umso wichtiger, seine Stimme gegen Stimmungsmache und Feindbilder zu erheben.

Ich finde es an der Zeit, dass auch ein Christkind diejenigen repräsentiert, die in unserer Gesellschaft nicht blond und blauäugig sind. Nürnberg setzt damit ein Zeichen. Ich wünsche Beninga, dass sie weiterhin so viel Unterstützung erfährt und sich unbeschwert ihrer Aufgabe widmen kann. Und dass man über sowas Unwichtiges wie Hautfarbe irgendwann nicht mehr sprechen muss.