Fast-forward

Als ich 2005 Mutter wurde, hätte ich mir nie vorstellen können, in welchem Ausmaß sich unser Leben in den nächsten fünfzehn Jahren verändern würde. Die Entwicklung dahingehend, dass unser Leben so massiv von den digitalen Medien bestimmt sein würde, war für mich noch ganz weit weg und ein Stillstand des bisherigen Lebens, wie wir ihn durch Corona erleben, sowieso jenseits aller Vorstellungskraft. Aber auch die unmittelbaren Auswirkungen, die der Klimawandel auf unser Leben haben würde, schienen mir irgendwo in fernerer Zukunft zu liegen. Und jetzt haben all diese Entwicklungen unser Leben und vor allem das unserer Kinder bereits mit voller Wucht getroffen.

Es fällt mir inzwischen wirklich mehr als schwer, ruhig zu bleiben, wenn jemand beiläufig fallen lässt, es wäre ja nicht schlecht, wenn bei uns durch den Klimawandel der Sommer etwas wärmer würde. Ein Mensch, der so etwas äußert, kann schon lange nicht mehr durch einen deutschen Wald gewandert sein oder er muss bei der Wahl seines Ausflugsziels viel Glück gehabt haben. Denn dort herrscht inzwischen vielerorts Kahlschlag- sei es, weil die Fichten bereits vom Borkenkäfer befallen sind oder dem vorgebeugt werden soll, sei es, weil die ausgetrockneten Buchen bei stärkerem Wind einfach in der Mitte auseinanderbrechen oder, weil der Wald zugunsten vermeintlich resistenterer Sorten umgebaut wird. Die sogenannte Naherholung tut manchmal im Herzen weh. Den Wald, wie wir ihn kennen, wird es schon bald nicht mehr geben. Und dieser Anblick hat in mir mehr bewegt als alle Fridays for Future Demos der letzten Jahre.

Auch diese Bewegung ist in weiten Teilen Corona zum Opfer gefallen, dabei ist es so notwendig, sich weiter für den Klimaschutz einzusetzen. Aber wieso sollte es den Jugendlichen anders gehen als uns Erwachsenen. Corona macht müde und sich online zu treffen, ersetzt eben kein persönliches Gespräch, das gemeinsame Entwickeln von Ideen und den Austausch von Energie. Ich empfinde ein tiefes Bedauern, welchen Herausforderungen sich die heranwachsende Generation und damit auch meine Kinder stellen müssen und wie alleine gelassen sie damit sind. Denn unserer Generation und den Vorangegangen scheint nicht wirklich daran gelegen, etwas zu verändern. Zu groß ist die Angst vor dem Verlust, Teilen wird schnell als Enteignung abgewehrt, Verzicht als Bevormundung und Einbüßen von Freiheit und Individualität aufgefasst. Wie zuletzt mal wieder die Äußerungen Anton Hofreiters ( und der darauf folgende Shitstorm) zeigte, dass Einfamilienhäuser unter ökologischen Aspekten nicht sinnvoll seien. Anstatt darüber nachzudenken, ob in seinen Aussagen nicht auch Wahres enthalten sein könnte, entfachte sich ein Sturm der Entrüstung. Gegen Flächenfraß sind ja viele, aber nicht, wenn Maßnahmen die eigene Entfaltung einschränken.

Meine ganze Hoffnung ruht auf unseren Kindern, die in eine ganz andere Welt hineinwachsen und für die es viel selbstverständlicher zu sein scheint, global zu denken und nicht nur an die eigenen Sicherheit. Weil eben nichts mehr sicher ist. Und weil sie gar keine andere Wahl haben, als für ihre Welt zu kämpfen. Für die es normal ist, zu „sharen“, anstatt zu besitzen, ob Auto, Sofa oder Bohrmaschine. Die sich schon früh in der Schule mit Müllvermeidung und Ökologie beschäftigen. Vielleicht schaffen sie es, die Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges Leben durchzusetzen, bevor wir die Erde endgültig an die Wand fahren.

Seitdem ich angefangen habe, diesen Beitrag zu schreiben, ist einiges passiert, dass mich wieder etwas hoffnungsvoller stimmt. Joe Biden hat zum Online-Klimagipfel zusammengetrommelt und sich zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens bekannt. Die CDU/CSU hat sich im Ränkespiel um den Kanzlerposten so demontiert, dass eine grüne Bundeskanzlerin auf einmal keine wirre Zukunftsvision mehr zu sein scheint. Ob im Falle des Falles am Ende der Koalitionsverhandlungen mit welcher Partei auch immer allzu viel Klimaschutz übrigbleiben würde, darf bezweifelt werden, aber erstmal wage ich wieder ein kleines bisschen Hoffnung, dass unsere Kinder doch noch etwas Unterstützung von Seiten der Politik erfahren könnten. Ohne klare Gesetze und Vorschriften zugunsten des Klimaschutzes wird es nicht gehen. Das mit der Freiwilligkeit und der menschlichen Vernunft funktioniert ja bekanntermaßen eher mangelhaft.

Heute ist Sonntag. Vielleicht unternehmt ihr noch einen kleinen Ausflug ins Grüne. Die Natur beginnt gerade wieder zu explodieren und dringt mit ihrer Kraft und Schönheit geradewegs in unsere Herzen. Braucht es mehr Worte? Gesagt ist eigentlich schon lange alles.

Volksbegehren Artenvielfalt (Bayern)

volksbegehren-artenvielfalt.pngSo, auch unsere Stimme ist jetzt gefragt, damit 1 Million zusammen kommen. Eine große Initiative setzt sich dafür ein, dass Bayerische Naturschutzgesetz zu verändern. Es geht um den Erhalt der Artenvielfalt, beispielsweise durch einen Biotopverbund, mehr Blühwiesen und weniger Pestizide, aber auch um Naturschutz als Teil der schulischen Bildung. Wer Genaueres lesen möchte, findet Infos hier:

Volksbegehren Artenvielfalt

Macht mit!