Buchtipps für Groß und Klein

Während die Kreativität mancher Menschen zu Corona Zeiten ins Unermessliche zu sprießen scheint, lähmt mich die erzwungene Dauerfamiliengemeinschaft eher. Mir fehlen die Stunden, die ich sonst allein zuhause verbringe, damit mein Geist auf Wanderschaft gehen kann. Wenn ich schon sonst zu keinen weiteren Ergüssen in der Lage bin, möchte ich zumindest zwei Buchempfehlungen zum Besten geben.

Buchtipp für Kinder ab 6 Jahren:

„An der Arche um Acht“ von Ulrich Hub (Text) und Jörg Mühle (Illustration)

Auf der Arche nach acht

Dieses Buch haben wir vermutlich als einziges Buch über die Jahre hinweg mehrmals vorgelesen, jetzt mit zehn Jahren hat mein Sohn es noch einmal selber gelesen und fand es wieder einfach nur cool. Praktisch auch für Lesefaule, denn es hat eine größere Schrift und ist nicht so dick.

Eigentlich dürfen immer nur zwei Tiere einer Art die Arche betreten. Was macht man aber, wenn man zu dritt ist und keinen zurücklassen möchte? Klar, man schmuggelt einen der drei Pinguine im Koffer an Board und versucht, ihn irgendwie zu verstecken. Gar nicht so einfach. Und was Gott wohl dazu sagt? Mit viel Humor, Witz, Fragen über Gott, die Welt und die Freundschaft, begleiten wir die Pinguine auf ihrer besonderen Reise.

Dtv junior  ISBN 978-3-423-71392-4  Taschenbuch (Erstauflage 2009)

 

Buchtipp für Erwachsene:

„Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens

Der Gesang der Flusskrebse

Wer den Kopf mal so richtig coronafrei kriegen möchte, dem empfehle ich Delia Owens Geschichte über das so genannte Marschmädchen Kya, das in den 50er Jahren in den Sümpfen North Carolinas sich selbst überlassen aufwächst. Ich habe einige Seiten gebraucht, um so richtig abzutauchen, die USA in den 50er Jahren war so weit weg, dass ich die Strecke erstmal mental zurücklegen musste. Aber dann…Die plastischen Naturbeschreibungen beschwören Kyas Welt herauf, man gleitet mit ihr im Boot durch zugewachsene Wasserarme, lernt Vögel und Gezeiten dieser besonderen Landschaft kennen und bangt immer ein wenig mit, ob das alles auch gut gehen wird. Wir lernen Kya als Sechsjährige kennen und begleiten sie bis zu ihrem  Tod, kein Wunder also, dass „Der Gesang der Flusskrebse“ auch eine Liebesgeschichte ist. Man fühlt sich an Mark Twains Huckleberry Finn erinnert, was nicht nur an den Landschaftsbeschreibungen liegt, sondern auch an der Rassendiskriminierung und den Lebensumständen der Armen und Reichen. Und obwohl der Roman kein Krimi ist, geht es auch um die Aufklärung eines Verbrechens.

hanser Verlag ISBN 978-3-446-26419-9

Die Vorstadtkrokodile

VorstadtkrokodileObwohl die „Vorstadtkrokodile“ bereits Ende der 70er geschrieben wurden und das Buch schon in meiner Kindheit erfolgreich war, habe ich es jetzt erst kennengelernt, als ich es meinen Jungs vorgelesen habe. Und nach den ersten Seiten dachte ich ehrlich gesagt nicht, dass es ihnen gefallen würde. So wie uns viele der Vorabendserien unserer Kindheit inzwischen fast wie in slow motion erscheinen, beginnt auch dieser Roman äußerst entschleunigt und hat erst mal mit dem Leben der meisten Kinder heute wenig gemein. Die Krokodiler, wie sich die Kinderbande selbst nennt, leben in einer Siedlung im Ruhrpott in eher einfachen Verhältnissen. Die Eltern der Kinder arbeiten Schicht oder sind von Arbeitslosigkeit bedroht und müssen zusehen, dass das Geld bis zum Ende des Monats reicht. Statt also in den Verein oder zum Musikunterricht zu gehen, verbringen die Kinder ihre Nachmittage im nahe gelegenen Wäldchen und in der alten Ziegelfabrik. In der Nachbarschaft wohnt auch Kurt, der im Rollstuhl sitzt. Als es zu einer Einbruchsserie in der Siedlung kommt, macht er eine wichtige Beobachtung. Obwohl sich die Krokodiler anfangs dagegen sträuben, Kurt in ihre Bande aufzunehmen, gehen sie schließlich gemeinsam auf Einbrecherjagd. Max von Gruen hat dieses Buch für seinen körperbehinderten Sohn geschrieben, der ebenso wie die Romanfigur Kurt zwar körperlich benachteiligt ist, dafür aber sehr clever und aufgeweckt. Er wollte mit Vorurteilen aufräumen und zeigen, dass auch ein behindertes Kind dazugehören kann, wenn die Gesellschaft offen ist und bereit, neue Wege zu gehen. So entstand dieser Roman als wichtiges Werk zum Thema Inklusion, lange bevor dieser Begriff in aller Munde war. Ich musste das Buch dann tatsächlich in einem Rutsch auf einer langen Fahrt vorlesen und sowohl mein 3.- als auch  mein 8.- Klässler waren total begeistert. Und ich bin froh, dass ich diesen Klassiker endlich kennengelernt habe.

„Vorstadtkrokodile“ von Max von Gruen

cbj-Verlag, ISBN 978-3-570-21665-1

mehr unter: Die Vorstadtkrokodile

Geschenktipp für Kids

Kuckuck, Krake, KakerlakeDa ist sie wieder – die Einladung zum Kindergeburtstag. Aber was schenken? Die 549.Legopackung? Eine super Alternative ist die CD Kuckuck, Krake, Kakerlake von Bibi Dumon Tak, empfohlen ab 8 Jahren, die aber auch jüngeren, wortgewandten Kindern Spaß macht. Ganz ohne naturwissenschaftliche Sachlichkeit, dafür mit viel Witz und aus sehr menschlicher Sicht werden hier verschiedene Tiere und ihre ganz außergewöhnlichen Fähigkeiten und Eigenheiten vorgestellt. Und das von 12 hochkarätigen Sprechern und Sprecherinnen, die auf ihre ganz eigene Weise Famoses von Faultier, Hamster oder Seepferdchen zu erzählen wissen. Und weil Kinder und Erwachsene von den kleinen Episoden nicht genug bekommen können, gibt es die Nachfolger CD Eisbär, Elch und Eule, die die seltsamen Bewohner von Nord- und Südpol genauer beleuchtet.

Oetinger Audio

Kuckuck, Krake, Kakerlake ISBN-13 :978-3-8373-0519-7

Eisbär, Elch und Eule            ISBN-13: 978-3-8373-0597-5

 

Alle Kinder. Ein ABC der Schadenfreude.

ABC der SchadenfreudeKinder lieben Reime. Und die aus dem „ABC der Schadenfreude“ ganz besonders, denn sie sind so richtig schön gemein. Hier ein paar der Reime, die nicht nur Kindern eine diebische Freude bereiten:

Alle Kinder springen ins Wasser. Außer Berta – die landet härter. Oder wie wär`s mit: Alle Kinder gehen zum Friedhof. Außer Hagen – der wird getragen. Auch sehr nett: Alle Kinder lieben Piranhas. Außer Annegret, die im Becken steht.

Alle Kinder lieben jedenfalls fiese Verse und ergänzen die 26 schlimmen Gedichte mit immer neuen Eigenkreationen und überbieten sich gegenseitig mit Wortspielen und Reimkunst. Ein Spaß für alle finsteren Zeitgenossen und ein tolles Geschenk für Leseanfänger. Die Illustrationen sind zwar ebenfalls sehr schön, aber irgendwie bei all dem Wortwitz gar nicht so wichtig. Verbreiten tun sich die Sprüche auch ungesehen von Kind zu Kind.

Alle Kinder, ABC der Schadenfreude, von Martin Schmitz-Kuhl( Text) und Anke Kuhl(Illustration)

Klett Kinderbuch, ISBN 978-3-95470-042-4

Die Heule Eule

Die Tiere des Waldes hören eines Tages ein schreckliches Heulen, das sie zunächst nicht deuten können. Dann entdecken sie eine kleine Eule, die herzzerreißend weint. Trotz verschiedenster Bemühungen gelingt es ihnen nicht, sie zu trösten. Als die kleine Eule schließlich wieder zu ihrer Mutter kommt, warten alle gespannt auf des Rätsels Lösung. Aber auf die warten sie vergebens, denn das Ende ist einfach aus dem Kleinkindleben gegriffen: die kleine Eule hat nämlich den Grund für ihr Unglück längst vergessen. Ein Buch, das kleinen Kindern in ihrem diffusen Kummer Trost spendet – und Eltern ebenso.

ab ca. zwei Jahren

Autor: Paul Friester  Illustration: Philippe Goossens

ISBN-13: 9783314101397, Nord – Süd Verlag

Heule Eule

Buchtipp für die Sommerferien:

Latte-Igel-WassersteinFür mich ist es inzwischen Tradition, vor den heiß ersehnten Sommerferien ein schönes Vorlesebuch auszusuchen und das wird bei uns dies Jahr „Latte Igel und der Schwarze Schatten“ sein. Die erste Geschichte „Latte Igel und der Wasserstein“ schrieb der finnische Autor und Lyriker Sebastian Lybeck bereits 1958 und steht sprachlich einer Astrid Lindgren oder einem Erich Kästner in nichts nach. Der Wald, in dem Latte Igel mit seinen Freunden lebt, ist durch großen Wassermangel davon bedroht, zu Grunde zu gehen. Der Rabe Korp erzählt Latte Igel von dem wundersamen Wasserstein, aus dem ohne Unterlass Quellwasser sprudelt. Der Bärenkönig Bantur hat ihn in seinen Besitz in den finsteren Nordwald gebracht. Ihn zurückzuholen, würde den Wald retten. So macht sich der kleine Igel auf den gefährlichen Weg durch das Gebiet der Wölfe und Luchse, obwohl er nicht gerade der geborene Superheld ist. Man taucht beim Lesen sofort in die Welt des Latte Igel ein. Die sprachlichen Bilder sind ganz klar, man kann den Wald fast riechen und fühlen. Die Kinder, die sich mit dem kleinen Igel auf die Reise machen wollen, müssen also schon ein wenig mutig sein. Aber dann lieben sie dieses spannende Buch und können es kaum erwarten, zu hören, wie das Abenteuer weiter geht. Auch der zweite Band „ Latte Igel reist zu den Lofoten“ kann diese Erwartungen erfüllen. Ein Buch, für das Kinder eher ins Bett gehen, damit sie beim Vorlesen endlich erfahren, ob es Latte Igel und seinen Freunden gelingen wird, die kleine Elfe Kirivi aus den Fängen des Adlers Groff zu befreien. Den dritten Band „Latte Igel und der Schwarze Schatten“ schrieb der Autor erst 2005, also fast 50 Jahre nach dem ersten Roman, nachdem er viele Jahre seine Frau gepflegt hatte und diese schließlich verstarb. Diese schmerzliche Erfahrung hat auf diesen Band abgefärbt. Latte Igel ist alt geworden und müde. Er wird in eine Parallelwelt gezogen, in der alles grau ist und ihn seine Freunde nicht mehr erkennen. Der kleine Igel schafft es jedoch, sich aus seiner Lage zu befreien und in seine Welt zurückzukehren. Eine Erfahrung, die viele Menschen nach einem solchen Verlust durchleben. Das ist kein Sommerbuch? Ich finde, der Schatten gehört zur Sonne. Und bin gespannt, wie Latte Igel diese mehr als schwierige Aufgabe bewältigen wird. 2012 hat Sebastian Lybeck schließlich mit dem Illustrator Daniel Napp das wunderschöne Bilderbuch „ Ein großer Tag für Latte Igel“ herausgebracht, in dem Latte Igel seinen Geburtstag auf einer Reise quer durch den Wald mit all seinen Freunden feiert. Happy end? Mal sehen, ob uns Sebastian Lybeck noch eine Fortsetzung schenken wird.

Sebastian Lybeck: Thienemann Verlag

„Latte Igel und der Wasserstein“ ISBN-13: 978-3522180511 ab ca. 6 Jahre

„Latte Igel reist zu den Lofoten“ ISBN-13: 978-3522182836

„Latte Igel und der Schwarze Schatten“ ISBN-13: 978-3522180528

„Ein großer Tag für Latte Igel“ ISBN-13: 978-3522437141 ab ca. 4 Jahre

Wo bist Du, Willi Wiberg?

Wo bist du, Willi WibergObwohl Gunilla Bergström Alfons Aberg, oder wie er bei uns heißt, Willi Wiberg, bereits 1972 erschaffen hat, habe ich ihn erst in jüngster Zeit entdeckt und bin froh darüber, dass seine Existenz nicht gänzlich an mir vorbei gegangen ist. Willi ist nämlich wunderbar. Willi lebt mit seinem Vater in einer Wohnung in der Stadt und durchlebt da vieles, was ein kleines Kind eben so durchleben muss. Und das sind nicht immer die großen Abenteuer, sondern Situationen des Alltages, denen er sich stellen muss – mit all seinen Enttäuschungen, dem Ringen um Fassung, der Wut, der Freude und dem Trotz. All die Dramen des Alltags, in denen wir uns wieder finden, vom „Nicht ins Bett gehen wollen“, über das „Nicht fertig werden“ oder „Alles sofort wollen“. Das könnte auch der Stoff für diese schrecklichen Kinderbücher mit pädagogischem Mehrwert sein, aber darum geht es Gunilla Bergström nicht. Sie zeigt den Zauber und die Magie dieser Situationen mit ihren klaren und reduzierten Illustrationen. Besonders gut gefällt mir das fast schon philosophische „Wo bist Du, Willi Wiberg?“, in dem sich Willi die Frage stellt, wo er zu Ende ist. Ist er auch die Luft, die er ausatmet oder ein Teil der Gedanken seines Freundes? Ein wunderbar kluges Buch und ein Gedankenspiel, das nicht nur Willi Spaß macht.

Für Kinder ab 4 Jahren

ISBN-13:978-3-7891-7756-9, Oetinger

Und wieder schreit der Frieder

Die „Frieder“ – Bücher von Gudrun Mebs sind ja schon lange kein Geheimtipp mehr, trotzdem möchte ich sie gerne empfehlen, weil ich sie, ganz abgesehen davon, dass das Vorlesen viel Spaß macht, für eine wunderbare Erziehungshilfe halte. Das mag manch eine(r) unbegreiflich finden. Denn zunächst einmal verhält sich die Oma, die mit dem etwa sechsjährigen Frieder zusammen lebt, pädagogisch völlig daneben. „Ja, lässt Du mich gleich los, Rotzbub“ ist stets ihre erste Reaktion, wenn der Bub mal wieder was von ihr will. Ist ja auch mehr als verständlich, schließlich bügelt sie gerade, strickt, kocht oder erledigt, was sie eben so zu erledigen hat. Da will man eben nicht auf der Stelle Wüste spielen, Wände streichen oder als Roboter durch die Wohnung steuern. Doch dafür hat Frieder gar kein Verständnis und versucht mit allen Mitteln die Oma dazu zu bewegen, seinen Wünschen nachzugeben. Und das geht meistens nicht gut. Weiterlesen