Buchtipp: „Maksym“ von Dirk Stermann

Als mir eine Freundin „Maksym“ von Dirk Stermann schenkte, sagte mir der Name des Autors rein gar nichts. Wie der kurzen Autorenbeschreibung zu entnehmen ist, lebt der in Duisburg geborene Moderator und Kabarettist wie auch seine Romanfigur seit langem in Wien. Überhaupt schreibt Dirk Stermann über das etwas ausgeschmückte und fiktional variierte Leben des Dirk Stermann und ist dabei sogar Wiederholungstäter- es ist nicht sein erster Roman.

Wie mir gerade auffällt, verfolgen mich in jüngster Zeit die Österreicher*innen (siehe „Dunkelblum“, „Alles finster“). Auch „Maksym“ lebt von den regionalen Gepflogenheiten, dem „Schmäh“, den Eigenarten und den liebenswerten Besonderheiten der Sprache, wenn den Romanen auch sonst nichts gemein ist. Jedenfalls veranlasste mich nicht der Autor, mit dem Roman zu beginnen, da ich ihn ja, wie gesagt, nicht kannte, sondern die Überschrift der Rückseite.

Maksym: Türsteher, Kampfsportler, Babysitter.

Das klang ein bisschen platt, aber auch grotesk und unterhaltsam. Und das wurde es. Ja, dieses Buch wurde für eine kurze Zeit eine Art Weggefährte, der mich schon beim Frühstück begleitete. Der erste Kaffee am Morgen – ach ja, mal sehen, was bei Dirk heute so los ist. Dirk Stermann schreibt einfach wahnsinnig sympathisch und schonungslos ehrlich. Der Mann kann über sich lachen, er schönt nichts und gibt sich keinen Illusionen hin. Er ist das Gegenteil des alten weißen Mannes, auch wenn er rein optisch von diesem kaum zu unterscheiden ist. Dieser Mann hat Humor, mitunter bösen, und alles, was er nicht hat, hat Maksym, sein ukrainischer Babysitter. Und den hat er wegen seiner jungen Frau und dem gemeinsamen, kleinen Sohn. Also genau genommen, weil diese sich nach der Elternzeit eben auch mal verwirklichen möchte (und das ausgerechnet in New York) und er ja eh ständig beruflich unterwegs ist.  So, ich finde das reicht als Appetizer, ich möchte euch ja nicht die intimen Momente mit Dirk und seiner Schamhaarphobie vorwegnehmen…ups

Verlag: Rowohlt ISBN: 978-3-498-00267-1

Von Hunden und Kindern

Die Corona Pandemie bringt ja bekanntlich zahlreiche Begleiterscheinungen mit sich. Eine davon ist die neu entdeckte Liebe des Menschen zum Haustier- allen voran zu Katze und Hund. Ein ergebener Begleiter, der Struktur gibt und sich allzeit bereit durchkuscheln lässt, wenn Frauchen oder Herrchen bedürftig sind. Auch wir unterscheiden uns in dieser Hinsicht nicht von unseren Mitmenschen und verspüren seit einiger Zeit den Wunsch nach der Gesellschaft eines Hundes. Unseren Vermieter interessiert das leider wenig. Nach seinem kaltschnäuzigen Nein suchten wir Trost und fanden zumindest einen bezaubernden Pflegehund, mit dem wir nun ab und an spazieren gehen dürfen. Und wir sehen quasi als Ersatzdroge und in der leisen Hoffnung auf Veränderung der Zustände einmal wöchentlich die Serie „Hunde verstehen!“ im WDR.

( https://www.ardmediathek.de/wdr/sendung/hunde-verstehen/Y3JpZDovL3dkci5kZS9odW5kZXZlcnN0ZWhlbg/)

Wir lernen erstaunlich viel dabei. Und zwar nicht nur über Hunde. Dass es Schnittmengen bei der Erziehung verhaltensauffälliger Hunde und Kinder gibt, bemerkten meine große Schwester und ich bereits, als sie noch Pädagogik studierte und ich einen Hund hatte. Und so sieht sich der erfahrene Hund-Mensch-Coach Andreas Ohligschläger auch erstmal Herrchen und Frauchen an ( warum verniedlicht man die eigentlich so?), um herauszufinden, was mit den Vierbeinern schiefläuft. Eine häufige Ursache: das liebe Tier bekommt viel zu viel Aufmerksamkeit. Anstatt dass sich der Hund nach seinen Erziehungsberechtigten richtet, drehen die sich um ihn. Das kommt Euch bekannt vor? Also mir auch. Denn seitdem ich mich wieder um meine eigene innere Balance kümmere ( Yogaqueen Mady Morrison sei Dank www.youtube.com/watch?v=qFgwrTc1e1I) und die Verantwortung für das Homeschooling an mein Kind abgegeben habe, läuft es bei uns zuhause wieder weitaus relaxter.

Beim letzten „Fall“ musste auch jenes Kind über beide Ohren grinsen. Ein Hund weigerte sich mitzulaufen und legte den Rückwärtsgang ein, wenn nicht beide Besitzer mit zum Spaziergang kamen. Der Coach deckte schnell auf, dass Herrchen und Frauchen dieses Verhalten geradezu gefördert hatten, weil sie dem Hund immer dann besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt hatten, wenn er sich querstellte ( Ach, deshalb – Herrn und Frau wäre das nicht passiert). Das kam uns doch ein wenig bekannt vor mit dem Eigensinn und dem Raum, der er einnehmen kann. Aber wie man weiß, ist ja Erkenntnis der erste Schritt zur Besserung. Als mich mein Sohn am nächsten Tag mal wieder davon überzeugen wollte, dass sein Vergnügen vor der Arbeit käme, gab ich zu Bedenken, dass ich nun doch wirklich schon sehr oft nachgegeben hätte und fände, er wäre jetzt auch mal an der Reihe. Das Kind war erstaunlich einsichtig und ging widerspruchslos seiner Arbeit nach. Tja, wir haben zwar noch immer keinen Hund, aber zuhause läuft es jetzt super.

Kindermund: eine Frage des Charakters

Fragt der kleine Erik seine Mutter:

“ Was ist ein schlechter Charakter?“

Die Mutter erklärt:

„Wenn jemand nicht teilt, niemandem hilft, nur an sich denkt… (und vieles mehr).“
„Und was ist ein guter Charakter?“

Die Mutter zählt wieder auf:

„Wenn jemand mit anderen teilt, anderen Menschen hilft, auch an andere denkt…usw.“

Der kleine Erik denkt eine Weile nach. Dann sagt er:

“ Also, ich glaube, ich bin so ein mittlerer Charakter.“

Mein Pubertier und ich

Nie hätte ich gedacht, dass die Pubertät so schwer auszuhalten sein würde. Ich hatte sie mir anders anstrengend vorgestellt.

Es gibt gute Tage, an denen dem Kind der Schalk nur so im Nacken sitzt. Ich staune darüber, wie es unaufhaltsam wächst und seine Kräfte misst und kaum weiß, wohin mit seiner Energie. Und es gibt (für mich) schlechte Tage, an denen ich akzeptieren muss, dass ausgerechnet ich die letzte Person bin, die diesem Kind nahe kommen kann und darf, weil allein mein Dasein nervt. Mein ewiges Kümmern, Aufgaben verteilen und mir Gedanken machen. Vor allem um den Medienkonsum. Es ist schwer auszuhalten, auf den einen Moment zu warten, in dem sich sein Fenster öffnet und es von sich erzählt und ich weiß, dass es nichts, aber auch rein gar nichts bringt, vorher etwas in Erfahrung bringen zu wollen. Und wehe ich verpasse ihn.

Das ist gerade meine größte Herausforderung. Mich zurücknehmen und darauf vertrauen, dass die Dinge ihren (guten) Lauf nehmen, auch wenn ich mit einigem nicht so ganz einverstanden bin. Aber man wächst ja mit seinen Aufgaben. Zumindest hoffe ich das.

Pubertier, die nächste

Das Pubertier beschwert sich, ich würde es I-M-M-E-R beschuldigen, wenn es Streit mit dem kleinen Bruder gibt. Als ich beim nächsten Mal sage:

„Jungs, hört bitte auf!“,

beschwert es sich:

„Jetzt hast Du es zwar anders gesagt, aber Du hast sowieso gedacht, dass ich es war!“

Es gibt Zeiten, in denen man alles nur falsch machen kann.

 

Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf

Dieses afrikanische Sprichwort ist mir in den vergangenen Jahren immer mal wieder begegnet.

Was es wirklich bedeuten könnte, habe ich verstanden, als wir einige Zeit mit Freunden verbracht haben, die fünf Kinder im Alter zwischen 2 und 18 Jahren haben. Bei dieser Familie ist immer was los, denn neben den eigenen Kindern wuseln meist noch Freunde der Kinder herum, aber auch Freunde der Eltern oder weitere Familienangehörige sind häufig zu Besuch.

Man braucht einige Zeit, um sich als Außenstehender auf diese Situation einzulassen, sich von dem Strom erfassen und mittreiben zu lassen, aber dann ist alles ganz leicht. Natürlich muss man Abstriche an Ordnung und Taktung des Tages machen, aber das verliert schnell an Wichtigkeit.

Während klassische Vater-Mutter-Kind Konstellationen an manchen Tagen kaum wissen, wie sie den Tag mit einem nöligen, zweijährigen Trotzkopf überstehen sollen, läuft der Zweijährige in der Gemeinschaft einfach mit, mal als kleiner Kämpfer bei der Kissenschlacht mit den Brüdern im Grundschulalter, mal als Babyersatz des Ältesten und dessen Freundin. Ob das Kind zu den eher alten Eltern oder doch zu dem sehr jungen Paar gehört, ist für Außenstehende sowieso nicht ersichtlich. Die Mama muss vor allem dann ran, wenn ihr das Kind etwas angewidert mit vollgekackter Windel angereicht wird, es nach einem aufregendem Tag von Schlamm und Dreck gesäubert oder es zwecks Mittagsschlaf aus dem Verkehr gezogen werden muss. Füttern, Vorlesen oder Bespaßen passieren quasi von alleine und mit viel Freude derer, die selbst kein kleines Kind haben und die Momente mit diesem freundlichen, kleinen Kerl einfach genießen.

Das mit den fünf Kindern ist sicher nicht für jedes Paar die geeignete Lösung, zum einen dauert der Weg bis zum „Dorf“ eine ganze Weile, zum anderen hat nicht jeder die Gelassenheit und die finanziellen Möglichkeiten, so ein Leben zu genießen, ohne sich von Wäschebergen und anderen Aufgaben auffressen zu lassen. „Das Dorf“ kann ja ganz verschiedene Formen haben, es kann Familie sein, es kann aber auch aus Nachbarn, der Tagesmutter und Freunden bestehen. Das Wohltuende an einer solchen Gemeinschaft ist, dass sich die Sorge um ein Kind auf mehreren Schultern verteilt. Es entlastet die Eltern, aber auch das Kind, wenn sich nicht die gesamte Aufmerksamkeit auf das Kind fokussieren kann, sondern sie auch mal loslassen dürfen (und manchmal auch müssen).

Denn natürlich sind Kinder unterschiedlich, manche sind offener und kontaktfreudiger, andere vereinnahmen bevorzugt ihre Eltern als Spielpartner und Versorger. Manchmal muss es also eine ganz bewusste Entscheidung der Eltern sein, sich für eine Gemeinschaft zu öffnen und abzugeben. Und es ist mit Sicherheit eine Gute.

Ich finde Dorf super.

Die Anderen

die_anderen_sternKennt ihr sie auch, die Anderen, diese Lichtwesen, bei denen es zu Hause immer lustig und harmonisch zugeht, die immer gut gelaunt und verständnisvoll sind und noch dazu total gut kochen können? Das Interessante daran ist, dass das, was mir meine Kinder von den Familien ihrer Freunde berichten, wiederum die Freunde meiner Kinder ihren Eltern über uns erzählen. Wie kann das sein? Ich, die ich die am wenigsten Nette aller Mütter bin, die Strengste und Unnachgiebigste, schaffe anderen Kinder eine heimelige Atmosphäre am Herd? Unvorstellbar. Oder wie meine Freundin es bei ihrem letzten Besuch formulierte: Ihr seid eine richtige Bilderbuchfamilie. Ha, wir sind sicherlich viel, aber bestimmt keine Bilderbuchfamilie. Naja, vielleicht doch, beim Bilderbuch bleibt ja vieles unausgesprochen, es geht eben vor allem um schöne Bilder. In Bilderbüchern finden sich jedenfalls keine Essays darüber, wie sich Eltern beispielsweise in „Alt-ehe-distanz“ üben ( ein herrliches Zitat jener Freundin) oder wie die Kinder cholerische Anfälle bekommen, weil sie im Unterzucker sind oder ob die Mutter rummotzt, weil mal wieder jeder seine Sachen hat liegen lassen oder sie einfach völlig am Limit ist. Diese unschönen Situationen des Alltags finden allerdings eher nicht statt, wenn Freunde zu Besuch sind. Man nimmt sich Zeit, räumt vorher auf, backt vielleicht einen Kuchen und sitzt dann einfach ganz entspannt zusammen, weil ja alles erledigt ist und man einfach nur mal schnacken kann. Die Kinder spielen ausgiebig und zufrieden und müssen keine Hausaufgaben machen. Man kann sich von seiner besten Seite zeigen und auch der vielleicht sonst eher stille Gatte plaudert ganz angeregt und man erfährt Dinge, von denen man bis lang nicht das Geringste ahnte. (Ach, das ist übrigens ein Tipp für langjährige Ehen, wie ich letztens gelesen habe. Sich öfter mal mit anderen Paaren zum Ausgehen verabreden. Soll sehr befruchtend sein, wie auch immer das gemeint war.) Also, zurück zur Sache. Wenn eure Kinder das nächste Mal von den Anderen schwärmen, klopft euch auf die Schulter und freut Euch im Stillen, denn ihr wisst Bescheid. Denn auch ihr seid die Anderen. Herzlichen Glückwunsch!

 

Mehr als 40 – und bald endlich mehr Zeit!

Mehr als 40_Couca

Ich bin jetzt 44 und über mein Alter nachzudenken habe ich, ehrlich gesagt, überhaupt keine Zeit.

Ich habe eigentlich so gut wie gar keine Zeit, mich mit mir selber zu beschäftigen. Mit zwei kleinen Kindern, 30 Stunden Woche-Arbeitszeit, Mitglied im Elternrat in der KiTa und allen anderen alltäglichen Verpflichtungen, fühlt sich mein Leben gerade an als wäre ich ununterbrochen in Hetze. Vor allem hetze ich meine Kinder sehr viel, was mir eigentlich schrecklich leid tut, aber morgens müssen wir rechtzeitig in die KiTa, nachmittags zu manch anderem Termin und abends hab ich dann einfach keine Geduld mehr, wenn das mit dem „ins Bett gehen“ ewig dauert, weil ich dann endlich irgendwann mal meine Ruhe haben und auf der Couch sitzen will. Ich telefoniere auch so gut wie gar nicht mehr. Was habe ich früher stundenlang mit Freundinnen telefoniert! Aber wenn die Kinder abends endlich im Bett sind, hab ich eigentlich keine Lust und Kraft mehr, irgendwas zu machen und eben auch nicht mehr groß zu reden. Ich berede ein paar Dinge mit meinem Mann, bevor der auf der Couch einschläft und ich einfach da sitze, fernsehe und auf die Zeit hoffe, wenn ich mal wieder mehr Zeit habe – vor allem für mich allein. Ich vermisse das alleine sein!

Klar, manchmal denke ich schon, vielleicht würde mir das alles etwas leichter von der Hand gehen, wenn ich noch jünger wäre. Vielleicht wären meine Ansprüche an meine Erziehungsweise nicht so hoch (und ich über mein Ungenügen nicht so oft enttäuscht), weil ich mir darüber in jüngeren Jahren gar nicht so viele Gedanken gemacht hätte. Obwohl ich schon einiges erlebt und eine gescheiterte Ehe hinter mir habe, fühle ich jetzt zum ersten Mal im Leben an meine Grenzen gebracht.

Aber auch das sollte man wohl mal erleben, hilft es einem doch, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen.

In manchen Bereichen bringt das Älter werden durchaus Vorteile mit sich. Bei der Arbeit wird mir immer bewusster, wo genau meine Stärken liegen. Und finanziell bin ich soweit, dass ich zwar immer noch nicht wirklich sparen kann, aber dass mein Konto endlich ein dauerhaftes Plus aufweist – was über Jahrzehnte nicht der Fall war.

Außerdem werde ich eigentlich immer jünger geschätzt, was sicherlich auch an der natürlichen Fettunterpolsterung meiner Falten liegt, die ich mir in den letzten Jahren wieder zugelegt habe und die vom Hals aufwärts durchaus als positiv zu bewerten ist.

Und auch für die Zukunft bin ich sehr positiv gestimmt, denn ein erster und entscheidender Schritt für mehr Zeit ist getan: Ich habe jetzt eine Putzfrau!

Kinder, is dat herrlisch!

 

(Couca, 44)

ELTERNSTOLZ.DE

Elternstolz KampagneSeit einigen Wochen grinsen mir Eltern von Litfaßsäulen und Plakatwänden entgegen, die stolz auf ihre Kinder sind, weil sie sich für eine Ausbildung entschieden haben. Es ist erst mal nichts Verkehrtes daran und sicher sogar notwendig, für Ausbildungsberufe zu werben in Zeiten, in denen mehr als 40% aller Jugendlichen eines Jahrgangs in Deutschland das Abitur machen. Was mir daran aufstößt, ist, dass es in erster Linie mal wieder um die Eltern und nicht um die Kinder geht. Ein Symptom unserer Zeit, in der sich Eltern dazu berufen fühlen, das Optimum aus ihren Kindern herauszuholen (um ihnen für später optimale Chancen zu ermöglichen, sich im Kampf gegen den sozialen Abstieg zu behaupten).  Während in den 50ern klar war, dass die Eltern bei der Berufswahl ohne große Diskussionen den Ton angaben, hatte unsere Generation viele Freiheiten, den eigenen Weg einzuschlagen. Heute scheinen die Möglichkeiten derart unbegrenzt, dass ein wenig Entscheidungshilfe die Wahl erleichtern mag, aber das Problem ist eigentlich ein ganz anderes: Viele Eltern haben kein Vertrauen, kein Zutrauen mehr in ihre Kinder. Während bei uns die Grundschulzeit meist beiläufig von statten ging, sorgen sich heute Eltern schon lange vor der Einschulung um den schulischen Erfolg ihrer Kinder. Anstatt dem Kind erst mal zuzutrauen, dass es seine Hausaufgaben alleine bewältigen wird und das Thema Schule an sie abzugeben, wird kontrolliert und korrigiert. Die Kinder lernen von Anfang an, wenn sich Mama oder Papa nicht jeden Tag mit mir hinsetzten und mir helfen, schaffe ich es nicht. Ich kann nichts ohne sie. Da wird ein Teufelskreis aus Entmutigung und Bestätigung des Systems kreiert. Natürlich muss ich es als Elternteil auch aushalten, wenn die Hausaufgabe meinen Ansprüchen nicht genügt. Aber um das zu beurteilen, gibt es ja eigentlichen den/die Lehrer(in). Ich spreche nicht von Kindern, die tatsächlich Förderbedarf haben. Ich sprechen von jenen, die jahrelang in die Schule gebracht werden, weil man ihnen nicht zutraut, den Schulweg alleine bewältigen zu können. Ich spreche von jenen, die ab der 2.Klasse mit Nachhilfe auf das richtige Übertrittszeugnis ( <2,33) getrimmt werden, um dann kreuzunglücklich im Gymnasium zu landen. Und die von klein auf zusätzliche Kurse besuchen, um optimal aufs Berufsleben vorbereitet zu werden. Ihre Eltern spricht diese Kampagne an – ihr habt alles richtig gemacht, Projekt Optimierung erfolgreich abgeschlossen, auch wenn es dann mit dem Studium doch nicht geklappt hat. Bitte nicht falsch verstehen, ich finde eine Berufsausbildung eine wunderbare Sache, wenn sich das Kind dafür interessiert. Ich würde mir nur wünschen, dass es mehr jungen Menschen erst mal schnurzpiepegel ist, ob ihre Eltern stolz auf ihre Berufswahl sind oder nicht. Denn das sollte nicht die Motivation sein.

Gefühlskram

Wenn man als weibliches Wesen einen Sohn bekommt, merkt man ganz schnell, dass diese kleinen Minimänner von Anbeginn irgendwie anders ticken. Da gibt es zum einen dieses lustige Spielzeug zwischen ihren Beinen, das sie von Anfang an hingebungsvoll beschäftigt, da sind aber auch diese Kräfte enormen Ausmaßes und die scheinbar unerschöpfliche Energie und Körperlichkeit, die es zu lenken gilt. Um alle Klischees zu bedienen, sind Jungs zudem eher zahlen- als buchstabenaffin und kombiniert man all diese Fragmente zu einem Ganzen, scheint es eine logische Folge zu sein, dass Jungs eher die Fäuste sprechen lassen, als über Gefühle zu reden- was dann, längst zu stattlichen Exemplaren der Gattung Mann herangewachsen, zu (für die Partnerin) unerklärlichen Spontantrennungen führen kann, da eine gewisse Unzufriedenheit im Vorfeld von Seiten des Mannes nie kommuniziert wurde. Weil er eben im Allgemeinen nicht so viel kommuniziert. Aber nun mal ehrlich. Wo sollen sie es denn lernen? Wann fragen wir Erziehungsbeauftragten denn einfach mal „Hey, wie geht’s Dir eigentlich?“ , beispielsweise anstelle des obligatorischen „Wie war`s in der Schule?“, dem sowieso nur ein lustloses „Geht.“ folgt, das das Gespräch auch umgehend wieder beendet. Aber wir tun es immer wieder, so wie es schon unsere Eltern getan haben und einfach nicht gecheckt haben, dass das nur nervt. Unser Alltag besteht oft nur aus der Abfrage organisations-, schul-, oder arbeitsrelevanter Themen. Konflikte werden meist entnervt durch ein Machtwort oder Sanktionen geregelt, anstatt nachzufragen „Was war denn eigentlich los? Was hat Dich so wütend gemacht? Was hättest Du Dir denn gewünscht?“ Miteinander ins Gespräch zu kommen und selbst von seinen Gefühlen zu erzählen, würde vermutlich helfen, den Jungs ein paar andere Tools mit an die Hand zu geben als den Nahkampf. Jungs könnten so lernen, sich ihrer Gefühle bewusst zu werden und darüber zu reden, anstatt alles mit sich selbst auszumachen und ab und an zu explodieren. Da sind die emotionalen, mitteilungsfreudigen Mädels deutlich im Vorteil, müssen sie ja nicht den coolen Checker mimen. Ich sehe schon manch witzelnden Herren vor mir, der über diese Warmduscherei spöttelt. Aber glaubt mir, auch ihr hättest es mit Sicherheit manchmal leichter, wenn das mit den Gefühlen nicht so schwer wäre.

Warum Julian immer die Schuld bei anderen sucht und Dörthe mit dem Kopf gegen die Wand rennt

Viele von Euch haben sicherlich Geschwister oder sich immer eines gewünscht. Mit manchen ist man dicke, mit anderen weniger. Doch wie sehr sie das eigene Denken und Verhalten prägen, darüber ist man sich als Erwachsener oft nicht so im Klaren, auch wenn es ungezählte Studien und Veröffentlichungen zu diesem Thema gibt. Mit meiner großen Schwester soll ich mich angeblich ausgiebig gestritten haben. Ich kann mich an nichts mehr erinnern, außer dass ich ihr eines Tages eine Bissverletzung am Gesäß zugefügt habe – eine gewisse Disharmonie scheint also wohl da gewesen zu sein. In der Pubertät wurden wir dann ein Herz und eine Seele und sind uns bis heute sehr nah. Bekommt man eigene Kinder als (unfreiwilliges) Studienobjekt, wird einem auf einmal klar, welch immense Auswirkungen diese Geschwisterkonstellationen auf das Leben haben. Das Leben als Kind und mit Kindern kann unterschiedlicher nicht sein, ob man (k)ein oder mehrere Geschwister/ Kinder hat, ob Jungs, Mädchen oder gemischt. Da sind beispielsweise die erstgeborenen Königskinder (und ersten Versuchsobjekte der frischgebackenen Eltern), die oft eine unbändige Wut auf das kleinere Geschwisterchen entwickeln, weil es sie vom Thron gestoßen hat. Und obwohl sie meist weiterhin die erste Geige spielen, fühlen sie sich chronisch vernachlässigt und ungerecht behandelt. Das muss sich nicht unmittelbar nach der Geburt in großer Eifersucht zeigen, aber das Gefühl begleitet sie oft bis ins Erwachsenenalter. Die Zweitgeborenen laufen mangels ungeteilter Aufmerksamkeit oft mit, was Fluch und Segen zugleich ist. Verschont von zu viel Input seitens der Eltern wie Pekip, Babyschwimmen oder Musikgarten unmittelbar nach der Geburt, müssen sie durch eine gewisse Unangepasstheit dafür sorgen, überhaupt wahrgenommen zu werden und stehen unter dem ständigen Druck, mithalten zu wollen. Das Einzelkind ist in den ersten Jahren mit Sicherheit anstrengender, müssen doch ausschließlich die Eltern für sein Entertainment sorgen, während Geschwisterkinder im Idealfall die Nachmittage spielend verbringen. Wird das Kind größer, hat man allerdings eher einen verbündeten Partner im Haus, mit dem man sich gemeinsam gemütlich die Sonntage im Schlafanzug um die Ohren schlagen kann, während sich bei Haushalten mit mehreren Kinder klischeemäßig die Mädels anzuzicken pflegen und die Jungs die freie Zeit nutzen, sich ausgiebig zu prügeln. Also alles in allem eher unentspannt. Außerdem neigen Geschwister trotz aller Zwietracht dazu, sich gegen ihre Eltern zu verbünden, vor allem wenn es um Sonntagsausflüge wie Wanderungen oder andere Unbeliebtheiten geht. Da ist man dann fast chancenlos, während sich das Einzelkind eher an das Leben der Erwachsen anzupassen pflegt. Was wiederum für das Einzelkind nicht immer von Vorteil ist. Das mögen jetzt lauter Plattitüden sein, denn die Welt ist viel zu komplex, um sie auf wenige Muster herunterzurechnen und die Länge des Artikels begründet den Umstand, nicht alle möglichen Kombinationen abhandeln zu können, aber um es zusammen zu fassen: Kind(er) haben ist nicht gleich Kind(er) haben und Kind sein nicht gleich Kind sein, und das völlig unabhängig aller anderen Lebensumstände, nur allein wegen des Umstands, wer mit mir in dieser Familie lebt. Vielleicht lohnt es, diesen Aspekt des Lebens unter die Lupe zu nehmen, wenn sich der Partner/ die Partnerin mal wieder über eine etwas sonderliche Verhaltensweise wundert.

Alte Mama

In vieler Hinsicht bin ich eigentlich ganz zufrieden, dass ich nicht sehr jung Mutter geworden bin. So habe ich nicht das Gefühl dass ich etwas verpassen würde, weil ich ja viele Jahre immer das machen konnte, was ich wollte. Mit Ende dreißig wusste ich, dass die Abende in Kneipen und Clubs zu verbringen auf Dauer auch keine Erfüllung bringt. Auch wenn sowas jetzt schon ein bißchen häufiger sein könnte, vermisse ich es im Grunde selten. Von Verwandten oder Freunden, die schon früher Eltern wurden, hat man doch schon eine ungefähre Ahnung was einen erwartet. Zwar kann man sich die Veränderungen, die ein Kind für das eigene Leben bedeutet, nicht wirklich vorstellen, aber man ist zumindest darauf gefasst, dass es ein bedeutender Einschnitt sein wird. Man hat sozusagen durch andere Erfahrungen gesammelt, aber genau da liegt auch die Schwierigkeit einer „alten“ Mama. In all den Jahren, in denen man andere Eltern beobachtet, Folgen der Supernanny gesehen und sich über unerzogene Kinder und noch mehr über ihre unmöglichen Eltern aufgeregt hat, haben sich gewisse Vorstellungen ausgeprägt, wie man selbst als Mutter sein will, wie die Erziehung wohl gut funktionieren und wie man es selbst besser machen könnte als die anderen. Wenn das dann in der Wirklichkeit nicht so läuft wie gedacht, fehlt einem -also zumindest mir- leider oft die nötige Gelassenheit. Sich einzugestehen, dass man sich getäuscht hat und einfach etwas anderes zu probieren fällt schwer. Ich weiß mit 25 hatte ich keine genauen Erziehungsvorstellungen, hätte sicher weniger Erwartungen mich gehabt und deshalb viele Situationen auch lockerer genommen als jetzt. Diese Unbeschwertheit versuche ich mir jetzt zumindest ein bißchen wieder anzueignen – für mich, aber vor allem auch für meine Kinder!

Und wieder schreit der Frieder

Die „Frieder“ – Bücher von Gudrun Mebs sind ja schon lange kein Geheimtipp mehr, trotzdem möchte ich sie gerne empfehlen, weil ich sie, ganz abgesehen davon, dass das Vorlesen viel Spaß macht, für eine wunderbare Erziehungshilfe halte. Das mag manch eine(r) unbegreiflich finden. Denn zunächst einmal verhält sich die Oma, die mit dem etwa sechsjährigen Frieder zusammen lebt, pädagogisch völlig daneben. „Ja, lässt Du mich gleich los, Rotzbub“ ist stets ihre erste Reaktion, wenn der Bub mal wieder was von ihr will. Ist ja auch mehr als verständlich, schließlich bügelt sie gerade, strickt, kocht oder erledigt, was sie eben so zu erledigen hat. Da will man eben nicht auf der Stelle Wüste spielen, Wände streichen oder als Roboter durch die Wohnung steuern. Doch dafür hat Frieder gar kein Verständnis und versucht mit allen Mitteln die Oma dazu zu bewegen, seinen Wünschen nachzugeben. Und das geht meistens nicht gut. Weiterlesen